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«Ich muss das einfach probieren»

Jeremy Flexel hat den Kindergarten und seine Schulzeit in der GHG CP-Schule in St.Gallen verbracht. Mit 17 Jahren steht er nun vor der Berufswahl und merkt: Es ist gar nicht so einfach, sich einen Platz zu erkämpfen.

Jeremy Flexels grosser Traum ist es, Comiczeichner zu werden.

Sich selbst in die Rolle eines Films oder einer selbst geschriebenen Geschichte setzen. Und das Bild ohne jegliche Hilfsmittel oder Skizzen direkt mit Farbe aufs Papier malen. Das ist eine der Prüfungsaufgaben für den gestalterischen Vorkurs für Jugendliche der Schule für Gestaltung St.Gallen. «Ich muss das einfach probieren», sagt Jeremy Flexel. «Auch wenn ich weiss, dass es nicht einfach wird.» Für den gestalterischen Vorkurs melden sich pro Jahr im Durchschnitt um die 100 Jugendliche an. Die Prüfung schaffen 54.

Jeremy Flexel zeigt sein Resultat für den ersten von drei Prüfungsteilen; die Hausauf­gabe. «Ich habe sie mit Gouache ausgeführt. Das bin ich, als Hauptfigur meiner Geschichte, die in einer magischen Welt geboren wird und sich als Aussenseiter behaupten muss.» Die Aufnahmeprüfung vor Ort und das Aufnahmegespräch werden folgen. Erst dann weiss Jeremy, ob er es geschafft hat. 

Zuerst hat sich der Jugendliche für eine Lehre als Multimediadesigner interessiert. Dafür hätte er aber eine höhere Schulstufe gebraucht. «Und ich stellte fest, dass diese Arbeit für mich auf Dauer zu anstrengend ist. Ich kann maximal fünf Minuten am Stück gehen.»

Erschwerte Voraussetzungen 
Jeremy Flexel ist mit einer seltenen Autoimmun­erkrankung zur Welt gekommen, Myasthenia Gravis. Das heisst, seine Nerven melden den Muskeln nicht immer die richtigen Signale. Im Alltag zeigt sich das so: Wenn Jeremy seinen Körper über längere Zeit in Spannung halten muss, sei dies beim Gehen oder an einem Büroarbeitsplatz, sinkt sein Energiepegel rapide ab und seine Kraft verlässt ihn. Es ist, als wären die Batterien immer nur auf fünf Prozent geladen. Jeremy muss viele Pausen machen, um wieder aufzuladen. «Das ist im sogenannt normalen Leben recht schwierig», erklärt er.

 

 

«Am liebsten zeichne ich mit Bleistift. Da hast du ein griffiges Objekt in der Hand.»

So suchte Jeremy nach einem alternativen Plan. «Mein Klassenlehrer hat mich darauf hingewiesen, dass ich ja schon immer sehr gut zeichnen und malen konnte», erzählt er. «Vorher habe ich mir gar nicht überlegt, dass dies ein Beruf sein könnte.» Er widmete sich wieder vermehrt seiner Leidenschaft, die er bereits als kleiner Junge hatte, und fing sofort Feuer. «Am liebsten zeichne ich mit Bleistift. Da hast du ein griffiges Objekt in der Hand. Das mag ich viel lieber als einen Digitalstift, bei dem man mit der Hand abrutscht. Aber auch das muss ich lernen.» Der Umgang mit digitalen Designwerkzeugen ist in seinem Traumjob mittlerweile Standard: «Mein Wunsch ist es, nach Japan zu gehen und Comiczeichner zu werden. Denn ich bin ein grosser Manga-Fan.»

Anmerkung der Redaktion

Kurz vor Redaktionsschluss hat Jeremy Flexel von der Schule für Gestaltung eine Zusage erhalten. Er startet im Sommer 2025 mit seiner Ausbildung.