< Zurück

«Ein kleines Wunder»

Ein Koch, der als Betreuer seine neue berufliche Bestimmung gefunden hat: Das ist Erwin Wichmann. Nach 13 Jahren in der GHG Rosenberg hat er den Sprung von der Küche in die Demenzabteilung gemacht. Jeden Tag freut er sich über die bereichernden Momente, die sein Job mit sich bringt – und darüber, dass die Institutionsleitung den Wechsel möglich gemacht hat.

Wo es ihn braucht, ist Erwin Wichmann zur Stelle – wenn in der Demenzabteilung das Frühstück vorbereitet wird, wenn jemand beim Essen Unterstützung braucht oder wenn es darum geht, die Bewohnenden zur Aktivierung, zur Therapie oder beim Spazieren zu begleiten. «Ich mache hier den Stüblidienst», sagt der 63-Jährige und lacht. «Stüblidienst», das ist keinesfalls abwertend gemeint, sondern bedeutet im Hausjargon, schwerpunktmässig auf die Bewohnenden einzugehen und ihnen Gesellschaft zu leisten. Eine grosse Portion Einfühlsamkeit, Geduld und Wertschätzung ist eine entscheidende Voraussetzung dafür. «Diese Eigenschaften bringe ich mit», sagt Erwin Wichmann überzeugt. «Das hat für alle etwas Gutes. In meiner Funktion bestärke ich die älteren Menschen und entlaste zugleich das Pflegepersonal.»

Ein Mann fürs Gesellige
Dass der in Österreich aufgewachsene St.Margrethener diesen Job ausübt, hat mit einigen Fügungen zu tun, die sein Leben mit sich brachte. «Ursprünglich habe ich Koch gelernt», erzählt Erwin Wichmann mit einer Spur Wehmut in der Stimme. Koch, das sei in der Jugend einer seiner Wunschberufe gewesen, fügt er an.

Nachdem er seinen Beruf als Koch nicht mehr ausüben konnte, wagte Erwin Wichmann den Quereinstieg in die Betreuung. Nun arbeitet er in der Demenzabteilung der GHG Rosenberg. 

Schon als Kind habe er der Mutter mit Begeisterung in der Küche geholfen und einiges von ihr abgeschaut. «Schnell war klar, dass ich noch mehr lernen wollte. Also begann ich 1977 mit der Lehre, und zwar in Kombination mit einer Ausbildung im Service», berichtet er. «Das war einfach mein Ding, und mir gefiel auch der gesellige Aspekt, denn ich bin unglaublich gern in Kontakt mit verschiedenen Leuten und interessiere mich für ihre Geschichten.»

Neuanfang statt Ausstieg
Auf genau diesen sozialen Charakterzug kam es schliesslich an, als sich bei Erwin Wichmann ein Umbruch abzeichnete. Zu diesem Zeitpunkt war er schon weit über ein Jahrzehnt in der Küche der GHG Rosenberg im Einsatz. «Ich merkte, dass es mir aus gesundheitlichen Gründen immer schwerer fiel, als Koch zu arbeiten, denn das ist körperlich extrem fordernd», erzählt er. Als er Herzbeschwerden bekam und eine Krebserkrankung überstand, begann er, sich mit dem Thema Frühpensionierung auseinanderzusetzen. «Ich hatte schon versucht, mich damit abzufinden. Aber dann machten mir meine Vorgesetzten einen super Vorschlag», berichtet Erwin Wichmann, und der frisch gewonnene Elan ist ihm sogleich anzumerken. «Sie fragten, ob ich mich auf eine neue Herausforderung in der Demenzabteilung einlassen möchte. Und für mich war sofort klar: Ja, das mache ich.»

Der Umgang mit älteren Menschen liegt Erwin Wichmann. Er empfindet seinen neuen Beruf als Chance, die weder selbstverständlich noch alltäglich ist.

Chance rasch genutzt
Von der Idee zum Wechsel ging es rasant. Innert weniger Wochen wurde aus dem Koch ein Betreuer, der bei allen sehr beliebt ist. Im Herbst 2024 begann Erwin Wichmann mit einem 50-Prozent-Pensum, danach baute er seine Einsatzzeiten schrittweise aus. Unterdessen arbeitet er Vollzeit im Alters- und Pflegeheim. «Ich empfinde es als kleines Wunder, dass die GHG eigens für mich diese Stelle schuf», berichtet er. «Eine solche Chance ist weder selbstverständlich noch alltäglich.» Er habe sogar kurz mit dem Gedanken gespielt, fachspezifische Schulungen im Bereich Betreuung zu absolvieren. «Die GHG würde mich auch diesbezüglich sofort unterstützen», weiss der 63-Jährige. «Doch aus meiner Sicht lohnt sich eine weitere Ausbildung so kurz vor der Rente nicht mehr.»

Lebenserfahrung als Bonus
Was er als Quereinsteiger mache, so Erwin Wichmann, basiere auf seinem Bauchgefühl – auf dieses kann er sich verlassen. Schliesslich hat der sechsfache Vater und neunfache Grossvater einiges an Lebenserfahrung gesammelt. Herzerwärmende Reaktionen von den Bewohnerinnen und Bewohnern zeigen ihm immer wieder, dass ihm der Umgang mit älteren Menschen ebenso liegt wie mit den jüngeren in seiner Familie. «Ich habe meinen neuen Beruf vom ersten Tag an sehr geschätzt», fasst Erwin Wichmann zusammen. «Denn hier bin ich noch näher an den Menschen dran, als ich es früher war. Und für mich ist dieser Austausch das Allerschönste.»