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«Es war der einzig richtige Weg»

Shakithiya Akilan wird demnächst 18 und wohnt seit fünf Jahren in der GHG Riederenholz. Die junge Frau hat schon viel erlebt und auch schwere Momente überstanden. Und doch sieht sie der Zukunft mit grosser Zuversicht entgegen. Ihr Wille und ihre positive Lebenshaltung helfen ihr dabei.

Sie liebt das Töggelen mit ihrem besten Freund und liest gern. «Und ich bin Fan von tamilischen Filmen», verrät Shakithiya Akilan. «Aber nicht von Liebesschnulzen, wie man sie von Bollywood kennt. Sondern von Actionfilmen.» Die Musik aus den Filmen gefällt ihr ebenfalls, daher ist sie oft mit Kopfhörern anzu­treffen. Diese hat sie auch heute aufgesetzt, auf dem Nachhauseweg von der Berufsschule zum Jugendhaus der GHG Riederenholz. Shakithiya Akilan ist im ersten Lehrjahr als Fachfrau Betreuung Kind. In ihrer Freizeit verdient sie sich Geld dazu, indem sie babysitten geht und in einem Bewegungsprojekt für Vorschulkinder mitwirkt. Sie wirkt selbstbewusst und strahlt Lebens­energie aus. Für Aussenstehende deutet kaum etwas darauf hin, dass sie eine belastende Vergangenheit bewältigen muss.

Kein einfacher Weg

Bereits als zehnjähriges Mädchen zeigt Shakithiya Akilan, dass in ihr eine starke Persönlichkeit steckt. Sie traut sich, ihren Lehrpersonen zu erzählen, dass es ihr zu Hause nicht gut geht. «Mein Vater ist tagsüber der liebe­vollste Mensch, den ich kenne, aber abends, nachdem er Alkohol getrunken hat, zeigt er sich von einer raueren Seite. Das verwirrte mich zutiefst.» In der tamilischen Kultur sei es nicht üblich, Probleme von Daheim nach aussen zu tragen, fügt sie an. Was folgt, ist ein mehrjähriges Hin und Her zwischen Elternhaus und Schlupfhuus, unterstützt von einem Beistand. Als Shakithiya anfängt, den Stress mit Essen zu bewältigen, nimmt sie zu und muss zur stationären Behandlung ins Kinderspital. Dort empfiehlt man ihr, nicht nach Hause zurück­zukehren. «Das war eine sehr schwierige Entscheidung», erzählt die junge Frau rückblickend. «Aber tief im Innern wusste ich, dass es der einzig richtige Weg war.» Vor die Wahl zwischen Pflegefamilie oder Jugendheim gestellt, entscheidet sie sich für die zweite Option. Ihre Bedingung: Sie will unbedingt in St.Gallen bleiben.

In der GHG Riederenholz erhält Shakithiya Akilan vieles von dem, was sie vermisst – ein eigenes Zimmer, Unterstützung im schulischen Bereich, Freundschaften. Auch verliebt sie sich zum ersten Mal. Und das Wichtigste: «Ich musste keine Angst mehr haben.» Dass ihr jemand zuhört, sei für sie in dieser Phase enorm wichtig ge­wesen. Als Zuhause bezeichnet sie die GHG Riederenholz trotzdem nicht. «Es
ist nicht dasselbe, denn das hier ist einfach vorübergehend.»

«Ich möchte den Kindern etwas geben, das ich selbst nicht erfahren durfte.»

Erfüllung in der Arbeit gefunden

Dass sich Shakithiya Akilan für einen Beruf mit Kindern entschieden hat, kommt nicht von ungefähr: «Ich möchte ihnen etwas geben, das ich selbst nicht erfahren durfte.» Ganz besonders mag sie die ausgelassenen Momente: «Mit mir kann man auch Quatsch machen. Ich hüpfe genauso gern im Gumpi-Zimmer herum wie die Kleinen», gibt sie zu und lacht. Während ihrer Zeit in der GHG Riederenholz ist Shakithiya Akilan erwachsen geworden. «Für mich war es gut so», sagt sie. «Und ich bin froh, dass es für meine Zukunft gute Möglichkeiten gibt, dank denen ich nach dem Austritt aus dem Jugendhaus weiter betreut werde.» Aus dem mutigen Kind von damals ist eine willensstarke Frau mit klaren Plänen geworden. «Vielleicht hänge ich nach der Lehre ein Studium in Sozialpädagogik an. Und ich will reisen. Zudem wünsche ich mir, einmal selbst Mama zu sein.»

Shakithiya Akilan weiss, was sie will: mit einer abgeschlossenen Berufslehre voller Zuversicht ins Erwachsenenleben starten.