< Zurück

«Ich zeige, was ich draufhabe»

Cornelia Signer hat im MuCafé des Kulturmuseums St.Gallen ihre Berufung gefunden. Seit Ende 2022 arbeiten fünf Personen der GHG Sonnenhalde Tandem in der Privatwirtschaft. Der Aufbau von Integrationsarbeitsplätzen fördert die Inklusion und bietet Menschen mit einer Beeinträchtigung spannende Chancen.

Routiniert hantiert Cornelia Signer an der Kaffeemaschine, eine goldene Elektra Belle Epoque mit Kolbensystem für fünf Dosen Kaffee. Das Prunkstück ziert das neue MuCafé im Kulturmuseum St.Gallen seit letztem Oktober. Kaffee mahlen, stampfen, Kolben eindrehen – alles in einem Guss. «Ich liebe diesen Job», sagt Cornelia Signer stolz. «Einzig das Milchschäumen für den Cappuccino klappt noch nicht immer», gibt sie zu. 

Einmal in der Woche ist Cornelia Signer im Museumscafé. Die übrigen Tage arbeitet sie im Küchenteam der GHG Sonnenhalde Tandem. Dass sie sich nun zusätzlich im ersten Arbeitsmarkt beweisen darf, macht sie glücklich: «Nur weil ich eine leichte Beeinträchtigung habe, heisst das nicht, dass ich nicht arbeiten kann. Hier habe ich eine Chance bekommen, und ich bin stolz zu zeigen, was ich draufhabe.»

Cornelia Signer im Element: einmal ein eigenes Café zu führen ist ihr grosser Traum.

Mit Leidenschaft dabei

Bei ihrem Job als Barista hat sie aktuell noch Unterstützung von Annemarie Kreis. Für das anspruchsvolle Schäumen der Milch gibt die Leiterin des Museumscafés Cornelia Signer Tipps: «Die Düse nur an der Oberfläche eintauchen, nicht zu weit nach unten», rät sie. Die beiden Frauen schauen konzentriert in das Edelstahlkännchen, das Cornelia Signer unter den Dampfkolben hält. Was danach kommt, ist bereits eingeübt: Kännchen ein paarmal auf die Ablage schlagen, so dass der Schaum zusätzlich stockt, und die geschäumte Milch in einer fliessenden Bewegung in die Tasse geben.

«Ich will, dass es perfekt wird», sagt Cornelia Signer, «ich bin ehrgeizig und will alles können.» Kritisch schaut sie in die Tasse. «Ich muss noch dazulernen. Das sieht nicht so schön aus.» Espresso, Americano, Schale, Cappuccino, Latte Macchiato, jeder Kaffee ist eine Wissenschaft für sich. Vor dem Jobantritt hat Cornelia Signer darum einen Kurs absolviert. Und sie übt zuhause mithilfe von YouTube-Clips an einer kleinen Kolbenmaschine.

«Ich bin ein Mensch wie jeder andere und muss nicht verhätschelt werden.»

Gestärktes Selbstbewusstsein

Im Museumscafé zu arbeiten, ist auch auf anderer Ebene anspruchsvoll: «Man muss auf die Leute zu­gehen. Das brauchte am Anfang einiges an Über­windung», erzählt Cornelia Signer. Heute merkt man ihr die anfängliche Unsicherheit nicht mehr an. Sie strahlt die Besucherin an, die gerade eintritt und einen Cappucino bestellt: «Sie dörfet anesitze, ich bring Ihne de gern.»

Eine Situation gab es bisher, die Cornelia Signer ins Zweifeln brachte. «Ich konnte anfangs die Kasse noch nicht so gut bedienen und beim Bezahlen sagte eine Besucherin zu mir, ich sei hier im falschen Job», erzählt sie. Dies verunsicherte sie und sie war froh, den Vorfall mit ihrem Jobcoach Thomas Grosse von der GHG Sonnenhalde Tandem besprechen zu können. Er kommt zweimal pro Woche im Café vorbei und ist erreichbar per Telefon, wenn eine der Klientinnen Unterstützung braucht. «Es funktioniert im Allgemeinen super», sagt Thomas Grosse. «Doch manchmal gibt es Situationen wie diese, die wir nachbesprechen.» Cornelia Signer hat den Dämpfer gut verdaut. Im Nachhinein ist sie überzeugt, es hat sie stärker gemacht: «Ich bin ein Mensch wie jeder andere und muss nicht verhätschelt werden. So sagte ich mir: ‹Jetzt erst recht›.»

Vollwertiges Teammitglied

Besonders freut Cornelia Signer, dass sie ganz selbstverständlich zum Personalteam des Museums gehört: «Wir wurden sehr lieb aufgenommen und waren sogar beim Personalausflug mit dabei.»

Weil es ihr so gut gefällt, übernimmt sie ab und zu eine zusätzliche Schicht am Sonntag, wenn Vernissagen stattfinden. «Mein Traum ist, einmal ein eigenes Café zu führen – das ‹Connys Café›», erzählt sie und kommt ins Schwärmen: «Es wird ein Café für alle Menschen: für die ältere Dame, die strickt, den jungen Mann, der ein Buch liest. Und ein Hausbüsi müsste es geben – wie bei Oma in der Kaffeestube.»